Alles im Fluss

Liebe Freunde,

Reza hat mich dann zum Fruehstueck besucht. An der Hotelrezeption wurde er angesprochen, ob er nicht vielleicht dort arbeiten wolle. Er solle sich bewerben…. Toll!!

Ich bin im Moment in Tabriz – gleich mehr warum – in einem Internet Cafe und versuche Infos und Nachrichten in ‚facebook‘ zu lesen. Jede Nachricht dauert – einige Minuten oder laenger. Facebook ist hier zensiert, trotzdem gibt es Moeglichkeiten, ueber spezielle Filter, facebook zu ’nutzen‘ Wird aber ueberwacht 🙂  Im Moment funktioniert es gar nicht. Naja, vielleicht ist es wie beim Telefon, dass ich erst mal gescheckt werden muss….. Geduld
Im Gegensatz zu Armenien, wird hier im Internetcafe nicht geraucht – wie angenehm. Auch ist es ruhig, und das liegt nicht nur an den 5 Taubstummen, die hier gerade sind. Wenn sich jemand unterhaelt, dann leise, kein Rumgebruelle, wie in manch anderen Laendern. Und die Atmosphaere ist auch viel besser, Platz zwischen den einzelnen Tischen….. Ungewoehnlich: Naechstes mal soll ich bitte eine Kopie meines Ausweises mitbringen.

Ich fuehle mich wohl hier im Iran.
Die Menschen sind sooo unglaublich nett und hilfsbereit!!!!!!!!!!!

Vor ein paar Tagen war ich im TV, staendig Lichthupe und Hupen, manchmal halten irgendwelche Autos an, die Leute steigen aus und wollen ein Foto mit mir. 🙂 TV war meistens am Ende des Aufenthaltes in einem Land dran. Diesmal hat es mich am Anfang erwischt. Ein paar Einladungen – und Vertrauen hat es auch schon produziert.
TV ist im Allgemeinen hier nicht sehr abwechslungsreich, zu den Gebetszeiten wird auf 2/3 aller Sender das sonstige Programm unterbrochen.

Das Gehen ist wunderbar, wenn auch im Moment an der Autobahn entlang. 🙂 Es gibt einfach keine 2. kleinere Strasse. Es fuehrt mich durch die schneebedeckte Winterlandschaft. In der Sonne uebertags ist es regelrecht warm – natuerlich mit entsprechender Kleidung – und manchmal schwitze ich sogar ein bisschen.
Immer wieder verweile ich in totalem Frieden, fuehle mich mit Allem verbunden, und besonders dann ist der Verkehr irgendwie gar nicht stoerend – und ich wundere mich darueber ein bisschen. Mein Gesicht hat ein strahlendes Laecheln.

Es ist unmoeglich, all die lieben Menschen aufzuzaehlen, dir mir bisher schon geholfen haben, in welcher Art und Weise auch immer. Manchmal steht, wie in Marand, jemand mitten in der Stadt. Der 25jaehrige Faribor zum Beispiel. Es kommt mir vor, als haette er auf mich gewartet. Jemand hat ihm meine Position geschickt, empfaengt mich dort und fuehrt mich durch die Stadt – ein paar Besorgungen – und er ist die ganze Zeit zur Stelle, hilfsbereit, freundlich, nicht aufdringlich, einfach wunderbar. Wie ein guter Freund!! Bis es dann Zeit ist, zu Mosem und seiner Familie zu gehen, bzw. abgeholt zu werden, wo ich einen wunderbaren Abend verbracht habe.
Ich hatte die Information, dass zwischen Marand und Soofiyan keine Siedlung sein sollte. 25-32 km. Also stelle ich mich auf einen langen Weg ein, komme aber nicht ganz frueh weg, geniesse die wunderbare WinterSonnenlandschaft entlang der maessig befahrenen Autobahn. Gegen 16 Uhr haelt das 2. Mal ein Auto an, dessen Insassen ich schon kenne. Sie wollen mich zum Essen einladen, auf der anderen Strassenseite gibt es ein Restaurant, aber die beiden jungen Maenner haben im Sinn, mich irgendwohin zu fahren, und ich schalte nicht schnell genug, dass es eben dieses Restaurant sein koennte. Hab zu sehr im Sinn, dass ich gerne vor der Dunkelheit in Soofiyan sein moechte, soweit das ueberhaupt noch moeglich ist. Wir verabreden uns dort in 2 1/2 Stunden.
Es ist dann doch schon dunkel, als ich dort ankomme (die beiden jungen Maenner sind nicht mehr da), und ich kann dort einfach kein Quartier finden. Hotels sind geschlossen, eine Behoerde, die manchmal fuer so welche wie mich zustaendig sind, hat auch geschlossen, Freitag!
Alles Hin und Her nuetzt nichts, nach 1 1/2 Stunden ist es offensichtlich, ich muss mich dem gut gemeinten Ratschlag einiger beugen und irgendwie in das 30km entfernte Tabriz.
Mit Hilfe einiger Shopbesitzer, wieder junge Maenner, bekomme ich eine Mitfahrgelegenheit organisiert.
In Tabriz werde ich zu einem Hotel gebracht, darf aber nicht sofort aussteigen. Der nette Fahrer spricht mit einem anderen Autofahrer, wieder ein Reza, der dann zu mir kommt. Ich oeffne das Fenster. In wenigen Worten erklaere ich, was ich mache, woraufhin mich Reza (der mir wie ein geschickter Engel vorkommt) fragt, ob er mir helfen darf, ob ich es akzeptieren wuerde, wenn er das Hotel bezahlt. Er ist so hoeflich, auch in seiner Art zu sprechen.
Es stellt sich an der Hotelrezeption heraus, dass es ein Problem mit meinem Pass gibt. (Ich hatte ein Visum erhalten, das mir erlaubte, vom 18.10.14-18.1.2015 in den Iran einzureisen. Meine Info war, dass ich dann einen Stempel an der Grenze bekomme, was auch geschehen ist, welcher mir erlaubt, fuer 30 Tage im Iran zu sein. Weitere Verlaengerungen 2x a 30 Tage moeglich) Mein Stempel war vom 15.1. Der Rezeptionist aber meinte, mein Visum sei nun abgelaufen (18.1. vorbei) Ich versuche zu erklaeren, aber keine Chance. Reza, etwa 40 Jahre alt, bekundet das er mir nun bei allem helfen wird. Wir sind Moslems und wir helfen gerne, und da kommen nicht nur die Worte rueber, das ist aus dem Herzen gesprochen. Ich soll erst mal was essen, laedt er mich auch ein. Wir fahren zur Polizei, zu einer anderen Polizei, auch da ist angeblich mein Visa abgelaufen, mein Pass muss da bleiben, wir kriegen einen Zettel, der mir erlaubt, eine Nacht in dem Hotel zu sein. Es ist inzwischen 23:30 Uhr
Verabredet sind wir fuer den naechsten Morgen, das war heute Morgen, Reza hat selbst offensichtlich nicht sooo viel Zeit, hat einen Freund, Ali, etwa 35, gebeten mir zu helfen. Reza ist aber selbst erschienen, um mir das alles zu sagen. Dann organisiert er noch einen Wagen mit Fahrer, Bezad, und zusammen machen wir unsere Runden. Formulare ausfuellen, kopieren, Fotos machen, warten, Tee trinken, wieder zur Polizei….. Zwischenzeitlich gibt es die Info, dass das Visa auch um 2 x 60 Tage verlaengert werden kann, beim naechsten mal solle ich halt angeben, dass ich fuer den Frieden unterwegs bin – Peace Walker – es gibt dann eine kleine laengere Pruefung, die ca. 4 Tage dauert. Diesmal hab ich ‚Tourist‘ angegeben, weil ich es aus anderen Laendern kenne, dass ‚Friedenspilger‘ Komplikationen geben koennte. Ein drittes Mal zur Polizei, das Visa ist sogar schon heute fertig, nicht erst morgen. Und Ueberraschung, die Behoerde hat erkannt, das mein erster Stempel mir 30 Tage Aufenthalt gewaehrt, der neue Antrag weiter 30 Tage, so dass ich mich nun bis zum 15.3. um nix mehr kuemmern muss. Toll.
Auch Ali erklaert, dass er so gerne hilft, dass es einfach in der Natur seiner Kultur liegt und das es fuer ihn kein Problem ist, wenn er es organisieren kann, mehrere Stunden, einen halben Tag, fuer mich da zu sein. Schliesslich sei es auch die Angelegenheit des Landes, meinen Aufenthalt zu regeln, und wenn es zu kompliziert sei, fuehle er sich verpflichtet, einzuspringen.  
Es ist schon Mittag und ich will heute nicht mehr los. Ali telefoniert mit Reza. Er uebernimmt eine weitere Nacht Hotel und Essen, laesst mich morgen wieder nach Soofiyan fahren, wo ich dann weiter step by step weitergehen kann. Richtung Tabriz (30-35 km) Dafuer brauch ich dann wohl 2 Tage?!

Ja, ich bin hier sehr richtig im Iran und fuehle mich wohl.
Bei vielen Begegnungen, z.B. abends mit den Familien, herrscht oft eine achtsame Atmophaere, ich merke, hier ist eine Bewussheit da, einander zuzuhoeren und Raum zu geben.

Herz
Thomas

 

 

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