Unterwegs Richtung Passau

Empfang
Nach meiner Rückkehr zur Stecke fühle ich mich in Fridolfing besonders empfangen. Unser Gastgeber der letzten Unterkunft steht ebenfalls am Bahnhof – ich erkenne ihn aber erst auf den 2. Blick. Dann ist die Begegnung aber um so freudiger.
Ganz besonders empfangen fühle ich mich von der Pilgerenergie und all der Wesen, die hier auf mich gewartet haben, damit es weitergeht. Es ist so deutlich zu fühlen und es beflügelt mich regelrecht.

Tittmoning, Neuötting und Braunau (A)
Diese 3 Orte haben einen wunderschönen Marktplatz/Stadtzentrum. Es ist eingefasst, von den aneinandergebauten Häusern, die meist in pastelltönen gestrichen sind. An beiden Seiten der länglichen Plätze sind Stadttore erhalten. Die Geschäfte haben meist keine Leuchtreklame als Werbung ausserhalb, sie haben an die Fassade ihre Namen gemalt. Heimelige gemütliche Atmosphäre.

Altötting und Marktl
Hier komme ich durch 2 Wallfahrtsorte. Altötting ist ein alter Wallfahrtsort, sozusagen wird hier ein Heiligtum der Bayern aufbewahrt, die Schwarze Madonna. Genau an Pfingssamstag erreiche ich den Ort. Die Stadt ist voll. Glücklicherweise wollen nicht alle dort übernachten. An diesem Tag wollte ich mal ein Zimmer mieten und im nachhinein bin ich überrascht, dass ich überhaupt eines bekommen habe, dazu noch genau im Zentrum mit Blick auf all die Kapellen und Kirchen.
Ich bin Friedenspilger, fühle mich aber irgendwie unwohl in diesem Wallfahrergedrängele, möchte nicht erkannt werden, und frage mich, warum das so ist. Ich empfinde mich nicht als Wallfahrer?! Wie unterscheide ich mich, wie bin ich anders, bin ich anders unterwegs. Pilger erhalten ihre Einsichten unterwegs?! Das werden auch die Wallfahrer erleben. Fremd ist mir, das ich mein Heil von aussen erhalten soll, so wie ich die Wallfahrer erlebe, die zur Schwarzen Madonna pilgern, die Gott im aussen erleben, die darauf warten, das Gott sie erhört. Ich erlebe, das Gott in mir ist. Ich muss nicht irgendwohin, um mich mit Gott oder dem Universum zu verbinden. Er/sie/es ist überall. Ein Ein- und Ausatem verbindet mich sogleich. Dann bin ich schon angekommen.
Natürlich schätze ich die Erlebnisse, die all die Menschen haben, schätze auch ihre Gemeinschaftserlebnisse.
In Altötting besuche ich am Pfingssonntag die Orchestermesse. Die 8000 Personen fassende St. Anna Basilika ist in der Basis gefüllt. Vielleicht waren dort so 2000 Menschen anwesend. Frage mich, wo die 8000 denn Platz haben, aber so ist die offizielle Angabe.  Das Orchester und der Chor zaubern wunderbare Klänge. Die christliche Kultur hat so wunderbare Musik in die Welt gebracht. Ich geniesse!!
Am Inn entlang geht es dann nochmal Richtung Osten weiter. So soll ich auch durch den Ort Marktl kommen. Tatsächlich wird es dann mein Übernachtungsort.
Hier wurde der jetzige Pabst Benedikt XVI geboren. Hat dort nur 2 Jahre verbracht. Aber der Ort erlebte nach der Wahl einen Hipe. Fernsehteams aus aller Welt bestürmten die Einwohner direkt danach. Meine Gastgeber erzählen einige unglaubliche Geschichten. So haben die „Gläubigen“ oder ersten Benedikttouristen, alle Blumen im Garten des Hauses gerupft. Viele wollten eine Blüte aus dem „Garten des Papstes“ haben, der schon 75 Jahre nicht mehr dort wohnte und der natürlich nicht mehr im Besitz des Hauses oder des Gartens war. Einer hat sogar Erde ausgegraben und bei Ebay zur Versteigerung angeboten…. und und und
Der Pfarrer hat das alte Taufbecken aus seinem Garten, das als Vogeltränke diente, schnell wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht…… Benedikt wurde an diesem Taufstein getauft.     —–   Lufthansa hat den Sitz, auf dem Benedikt saß, dem Heimatmuseum gespendet….. Schliesslich hat der Papst diese Gemeinde besucht und fuhr mit seinem Papamobil durch das 3000 Einwohnerdörfchen. (An vielen Stellen muss ich laut lachen, ich stelle mir u.a. vor, wie durch mein Heimatdort „Reckenfeld“ der Papst mit seinem Papamobil durchfährt – schrill)
Die Besitzerin des Geburtshauses hat, nachdem sie es dort nicht mehr ausgehalten hat, das Haus an die Kirche für 1,8 Miollionen verkauft……. und der Ort hat einen Busparkplatz erhalten. Das Cafe schiebt nun tolle Umsätze, eine TouristenInfo wurde eingerichtet. Mein Gastgeber, selbst aus der Kirche ausgetreten, hofft, dass sich dieser Ort nicht wie Altötting in einen Wallfahrtsort verwandelt – eigentlich ist er das ja schon??!!!

Soweit für heute, freue mich, wenn demnächst mal wieder jemand mitpilgert.
Von Herzen
Thomas

(Nach Passau sind es jetzt noch 60-80 km – vermutlich komme ich dort am Freitag an.)

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