Flaches und bergiges Land, Nasses und sonniges Wetter, Vegan?, zerrissene Hose und Pfingsten und die Motorradfahrer in der Eifel
Nach Köln folgt flaches Land. Die Gebiete ausserhalb der Ortschaften sind fast ohne jeden Baumbewuchs, Felder und Felder. Ausnahmen gibt es natürlich auch, aufgestaute Seen im Bereich des Braunkohletagebaus, nachdem die Bereiche „abgeerntet“ wurden. Die Ortschaften sind durchaus schön, nette gestaltete Häuser, kleine schmucke Ortskerne doch ausserhalb gibt es nur die ausgesäte Natur, die auch üppig wächst. Manchmal fühle ich mich darin wie in einer Wüste. Irgendwie auch leer. Es ist schwierig einen windgeschützten Platz zu finden, es gibt keine Hecken oder Knicks.
Und der abrupte Wechsel zum Eifelrand, zu den ersten Erhebungen. Mir fällt ganz plötzlich auf, daß hier ganz viele Menschen draussen herumlaufen, sich in der Landschaft wohlfühlen, sie schätzen. Dies viel mir auf, als ich nach Kreuzau kam. Auch innerhalb des Städtchens so viel Leben. Wo sind all die Leute in den Dörfern und Städten, durch die ich kam? Es ist wirklich sehr auffallend, wie wohl sich die Menschen in einer intakten Natur fühlen können. An der Rur am Rande der Eifel ist es belebend schön.
Meine Kleidung:
Der Tag, an dem ich Köln verlasse hält eine „schöne“ Bescherung von oben bereit. Bei recht kühlem Wetter strömt das Wasser von oben. Und es tropft durch. Meine gerade erworbene regendichte Jacke ist undicht. Unterhalb der Tragriemen an der Schulter suppt das Wasser hinein in meine Rollkragenpullover und T-Shirts. Es ist unfassbar, wie oft ich schon die Regenklamotten reklamiert habe und auch toll, dass sie jedesmal anstandslos ersetzt werden. So habe ich seit 2007 bereits die 3. Jacke und 2. Hose.
Meine Baumwollwanderhose ist nun schon langsam auf dem Weg zu einem Flickenteppich. Ein Loch habe ich heute morgen beim Anziehen mit meinem großen Zeh so imens vergrößert, das fast mein ganzes Knie durchschaute. Ein durch Bügeleisenhitze selbstklebender Jeansstoff meiner Gastgeber ziert nun mein rechtes Knie, hat aber noch nicht den ganzen Bereich der verwundeten Hose, trotz seiner beachtlichen Grösse, überklebt. Reiner und Monika, Eltern von 4 Kindern geben mir eine ausgetragene Kleinkindhose für die Flickerei am nächsten Abend mit.
Vegan
Ich bin in einem intensiven Prozess, überlege sehr ernsthaft, ob ich nun Veganer werden soll. Es gelingt mir auf jeden Fall momentan nicht, wenn ich einkaufen gehe, Milchprodukte einzukaufen, die nicht biologisch hergestellt sind. Bei den Gastgebern bin ich da noch nicht so streng, denke meist aber daran, woher diese Produkte kommen, wenn ich sie zu mir nehme. Ich habe auch den Pilgerreisen zuviel gesehen und ich weiss nun ganz tief, es ist verantwortungslos, Produkte zu kaufen, die nicht den Stempel „Bio“ tragen – und das gilt ganz besonders für die Tierprodukte. Für Fleisch allemal – aber das esse ich nicht – aber natürlich auch für alle Arten von Milchprodukten. Es kann und darf einfach nicht sein, daß die Kühe inzwischen überwiegend in den Ställen stehen.
Gastgeber
Bis auf eine Ausnahme – an dem Abend hatte ich mir einfach ein Hotel genommen – finde ich jeden Abend meist sehr nette GastgeberInnen. Ich habe so ein warmes Gefühl und viel Dankbarkeit für die Menschen, die einfach ihr Haus öffnen, auch wenn ihnen manchmal etwas mulmig ist, einfach einen fremden Menschen hineinzulassen. In den allermeisten Fällen werde ich sehr gerne bewirtet.
Fasziniert bin ich auch, daß, wenn ich ein Ruhebedürfnis habe, oftmals auch Gastgeber finde, die gar nicht oder weniger das Bedürfnis nach Kommunikation haben oder ruhigere Gesellen sind.
Hier die Stationen incl. Köln als ein Beispiel:
Klaus setzt mich sofort an den Computer – ich bin angemeldet – schreib mal zuerst deinen Blog. Dann Wäsche waschen, Essen gehen, nette Gespräche, morgens darf ich noch in der Wohnung bleiben, allerdings kennen wir uns aus früheren Jahren.
Familie Andree überläßt mir eine ganze Wohnung, richtet das Bett her, fragt nach weiteren Bedürftnissen, die ich aber irgendwie nicht hatte und zieht sich zurück, so daß ich einen ruhigen Abend geniessen kann.
Frau Kiriamadam in Nörvenich öffnet nach einigem Zögern dann doch ihr Haus. Sie ist Inderin und betreibt mit ihrem Mann ein Altenheim. Beide sind etwas „alle“, deshalb ist er in Indien zum Ayurveda, sie hat ein Burn out. Nachdem sie mir zuerst Butterbrot mit Käse anbietet merkt sie so ganz nebenbei, daß sie noch ein tolles indisches Essen zusammenzaubern kann. Reis mit Mangochatny (weiss nicht, wie man das schreibt) und Auberginen-Kokus Beilage. Dazu findet sie noch in ihrer Speisekammer eingelegte grüne Tomaten, mit Curry recht scharf und lecker gewürzt.
In Nideggen-Rath fischt mich Musa, ein deutscher Muslim, auf der Strasse auf. Er ist Gärtner und werkelt gerade an allen Stellen im Haus gleichzeitig herum. Das Essen steht schon auf dem Herd, gegrüsst er mich, wobei es dann noch etwa 2 Stunden dauert, bis er es warm macht. Das war aber nicht schlimm, da ich nicht so grossen Hunger hatte. Schmeckte toll. Wir haben uns ganz viel unterhalten und er gab mir zum Abschied sogar noch etwas Bares mit. Uppps. Überraschung.
Und dann gestern Abend. Reiner und Monika haben 4 Kinder im Alter von 8, 6, 4 und 2!! Wegen der Sicherheit, auch hier bin ich, wie fast immer, unbekannt, baut Reiner draussen ein Zelt mit riesiger Luftmadratze und Schafsfell auf. Dazu gibt es einen Bundeswehrschlafsack. Morgens folgt dann das Frühstück mit der ganzen Familie incl. Flickenarie, wie oben schon beschrieben.
Ich fühle mich überall gut und reich beschenkt.
Heute, und über Pfingsten bin ich für meine Nichte Jana nach Reckenfeld bei Münster gefahren. 3 Tage Pause vom Gehen, auch Pause für die Füße. Reiner hofft, daß diesmal nicht so viele Nothubschrauber über der Eifel kreisen, hofft das die Motorradfahrer, die Pfingsten zahlreich aus den Niederlanden anreisen, vernünftiger werden.
Bis demnächst
Thomas
Comments are closed.